Aug 31, 2013 Pedro May Panorama, Europa, Bosnien-Herzegowina, 0
Jahrhundertelang war Sarajevo von fremden Mächten besetzt. Ob Römer, Osmanen oder Habsburger – unter den Besatzern entwickelte die Stadt ein ganz eigenes Selbstbewusstsein.
An den Ufern der Milijacka siedelten wahrscheinlich bereits vor 4000 Jahren die ersten Menschen. Die lllyrer waren hier, die Römer hinterließen ihre Spuren, im 6. und 7. Jahrhundert kamen die Slawen auf den Balkan und ließen sich später auch im Raum Sarajevo nieder. Bis aus mehreren kleineren Siedlungen eine Stadt erwuchs, dauerte es aber eine ganze Weile.
Eine erste Brücke über die Milijacka wurde beispielsweise erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts gebaut, als die Osmanen in der Region herrschten. Der damals Verantwortliche Isa-Beg Isaković, ein zum Islam übergetretener Slawe, war es auch, der den Bau eines Saraj (hieraus entwickelte sich der der heutige Name Sarajevo) vorantrieb, in dem das Militär sowie Verwaltungsstellen untergebracht wurden. Ein Hamam entstand, Läden und Handwerksbetriebe öffneten, die erste Moschee wurde gebaut. Sarajevo wuchs und erhielt immer mehr das Antlitz einer Stadt.
Mit dem „Berliner Kongress“ 1878 übernahm Österreich-Ungarn die Macht in Sarajevo. Eine Entscheidung, die auf der einen Seite zu heftigen Straßenkämpfen zwischen Bewohnern der Stadt und Habsburger Truppen, andererseits aber auch zu einem weiteren Ausbau von Sarajevo führte. So entstand beispielsweise eine Stadt-Kanalisation, ein Elektrizitätswerk wurde errichtet, Parks wurden angelegt, der Architekturstil der K.u.K.-Monarchie hielt Einzug in das bisher orientalisch geprägte Stadtbild.
Am 28. Juni 1914 kam Kronprinz Franz Ferdinand zu Besuch, obwohl man ihm wegen der feindlichen Stimmung von der Reise abgeraten hatte. Am Ufer der Milijacka, nahe der Lateinerbrücke, wartete der serbische Gymnasiast Gavrilo Princip auf den offenen Wagen von Franz Ferdinand. Mit seinem Revolver schoss er auf die Insassen und traf den Thronfolger und seine Frau tödlich – der Ausbruch des ersten Weltkriegs war ein Stück näher gerückt.
Nach 1918 kam Sarajevo mit Bosnien zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen. In dieser Zeit stagnierte die Entwicklung der Stadt. Der Bevölkerungs-Zulauf nahm ab. Außer dem Nationaltheater gab es wenige Neubauten.
Im Zweiten Weltkrieg zählte das Land zwischen 1941 und 1945 zum Unabhängigen Staat Kroatien. Nach dessen Zusammenbruch und dem Kriegsende wurde Sarajevo 1945 Hauptstadt der Teilrepublik Bosnien und Herzegowina innerhalb Jugoslawiens und entwickelte sich zur viertgrößten Stadt des neuen Staates.
1984 fanden die Olympischen Winterspiele in Sarajevo und den Gebirgen seiner Umgebung statt. Rund 2000 Sportler, Betreuer und Funktionäre aus 49 Nationen reisten an.
Seit 1992 ist Sarajevo die Hauptstadt des nun souveränen Staates Bosnien und Herzegowina. Dessen Unabhängigkeitserklärung von Jugoslawien führte zum so genannten Bosnienkrieg (1992-1995), in welchem Sarajevo heftig umkämpft war. In dieser Zeit war die Stadt in einen von der Regierung von Bosnien und Herzegowina kontrollierten bosniakisch-kroatischen und einen von der Republika Srpska kontrollierten serbischen Teil geteilt. Das mehrheitlich von Muslimen bewohnte Gebiet, zu dem unter anderem das Stadtzentrum und die Altstadt gehörten, wurde genau 1.425 Tage lang von den Truppen der ehemaligen Jugoslawischen Volksarmee belagert.
Das Überleben in den eingeschlossenen Stadtteilen verschlechterte sich mit dem Fortgang der Kämpfe immer mehr. Um Lebensmittel und andere Versorgungsgüter – aber auch Waffen – in die Stadt hinein-, beziehungsweise Verletzte herauszubekommen, wurde Ende 1992 der Plan geschmiedet, unter dem Rollfeld des Flughafens einen Tunnel zu graben. Die Arbeiten in Stadtteil Butmir begannen am 28. April 1993 in der Nähe des Hauses der Familie Kolar.
Man arbeitete in drei Schichten, 24 Stunden am Tag. Ein sehr großes Problem war das eintretende Grundwasser. Weil die Stromversorgung ständig zusammenbrach, musste das Wasser von Hand in Eimern und Kanistern aus dem Tunnel geschafft werden. Der Boden wurde mit kleinen Schubkarren aus dem Tunnel geschafft und in der Nähe der Grabungsstelle gelagert – auch zum Schutz vor serbischen Angriffen. Die Belagerung Sarajevos forderte mehr als 10.000 Tote, die Zahl der Verletzten wird auf 50.000 geschätzt.
Trotz massiver Anstrengungen, die Stadt wieder aufzubauen, sind die Spuren des Krieges bis heute sichtbar. Gerade in der Altstadt aber ist das „Vorkriegs“- Flair zurückgekehrt. In der Fußgängerzone „Ferhadija“ flanieren die Menschen vorbei an schicken Geschäften, in den Seitenstraßen locken unzähligen Cafés, Bars und Restaurants.
Der orientalisch geprägte Altstadtteil „Baščarčija“ wird von immer mehr Touristen entdeckt. “Sarajevo is back” könnte man sagen. Denn auch wenn die Menschen, wie in ganz Bosnien und Herzegowina, mit hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen haben und mit den Entscheidungen heimischer Politiker oft nichts anfangen können, macht sich Aufbruchstimmung breit, vor allem unter den jungen Einwohnern.
Die kurze Stadtgeschichte ist von multikulti.de
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